Das Knorpelgewebe in unseren Gelenken ermöglicht Bewegung ohne Reibung. Druckbelastungen zum Beispiel beim Laufen werden durch die Knorpelschicht gleichmäßiger verteilt, die Knochen dadurch geschützt. Wird der Knorpel durch mangelnde Bewegung, dauerhafte Fehlbelastungen, Verletzungen oder Verschleiß jedoch zerstört, droht eine schmerzhafte Arthrose. Denn der menschliche Körper kann den Knorpel nur ganz begrenzt ersetzen. Chirurgische Eingriffe können helfen, Knorpeldefekte zu beheben und damit einer Arthrose vorzubeugen. Die AGA, Europas größte Fachgesellschaft für Arthroskopie und Gelenkchirurgie, erläutert den Zusammenhang zwischen Knorpelschädigung und der Entstehung einer Arthrose.
Arthrose ist eine Volkskrankheit. Rund 5 Millionen Menschen in Deutschland leiden unter dem krankhaften Gelenkverschleiß. Vor allem das Kniegelenk ist anfällig für Arthrose - mit der Folge, dass sich Betroffene immer weniger bewegen, um Schmerzen zu vermeiden. Doch gerade das regelmäßige Bewegen ist notwendig, um einen Gelenkverschleiß zu verhindern und Beschwerden zu bessern.
Wieso ist Bewegung so wichtig?
Dazu muss man sich die Beschaffenheit des Knorpels etwas genauer ansehen. Das Knorpelgewebe eines Erwachsenen ist frei von Gefäßen und Nerven. Die Zellen werden über eine Gelenkflüssigkeit (sog. Synovialflüssigkeit) im Knorpelgewebe versorgt. Für diesen Prozess ist eine regelmäßige Bewegung notwendig. Findet diese nicht ausreichend statt, nimmt der Wasseranteil im Gewebe ab und der Knorpel wird weniger elastisch. Zudem nimmt die Vernetzung der Bindegewebsstrukturen und die Zellzahl im Knorpel mit zunehmendem Alter ab. Die Folge: Es entstehen zunächst oberflächliche Aufrauhungen, die dann ab einem bestimmten Grad immer schneller zunehmen. Daraus kann sich dann die gefürchtete Gelenksarthrose entwickeln. Auch Gelenkinfektionen, Autoimmunerkrankungen oder Mangelernährung können diese krankhaften Prozesse auslösen.
Welche Folgen können Gelenkverletzungen für den Knorpel haben?
Eine Gelenkverletzung, z.B. durch einen Sportunfall, kann sich in der Folge auch negativ auf den Knorpel auswirken. Ist ein Gelenk nach einer Verletzung beispielsweise instabil oder über einen längeren Zeitraum immobil, kann auch hier die Versorgung des Knorpels mit der notwendigen Gelenkflüssigkeit leiden und die oben beschriebenen Abnutzungsprozesse in Gang setzen. Auch kann der Knorpel durch einen Unfall direkt beschädigt werden: die eigentlich glatte Knorpelschicht bricht auf und es entstehen Bruchränder, an denen die Scherkräfte beim Bewegen den Defekt mit der Zeit vergrößern.
Ist die Angst vor Überbelastung der Gelenke berechtigt?
Den Knorpel vor Abnutzung und Verschleiß zu schonen, ist also ganz wichtig, um einer Arthrose vorzubeugen. Aber Achtung: Das heißt nicht, eine Schonhaltung einzunehmen und Sport und Bewegung zu meiden. Eine Überbelastung, z.B. durch häufiges Joggen, wird häufig als Ursache von Knorpelschäden diskutiert. Diese Ursache kann jedoch bislang nicht durch Studien nachgewiesen werden. Im Gegenteil: Wissenschaftliche Studien zeigen vielmehr eine gute Anpassung des menschlichen Körpers an eine dauerhafte Belastung, sofern noch kein Vorschaden vorhanden ist. Das gilt allerdings nicht, wenn z.B. durch Meniskusschäden oder Bandinstabilitäten das Gelenk unnatürlich belastet wird.
Die schlechte Nachricht: Knorpelzellen reproduzieren sich nicht selbst
Ist der Knorpel einmal geschädigt, sind die Heilungschancen sehr begrenzt. Körpereigene Reparaturmechanismen am Knorpel gibt es kaum, d.h. einmal zerstörter Gelenkknorpel kann nicht vollständig ausheilen. Zum einen liegt es daran, dass sich Knorpelzellen nicht mehr vermehren können. Zum anderen gibt es im Knorpel selbst keine Entzündungsreaktion, die Teil eines jeden Regenerations- und Heilungsprozesses ist. Nur kleinste Schäden können durch die Produktion von neuer Knorpelsubstanz von den Zellen ausgeglichen werden.
Die gute Nachricht: Es gibt Möglichkeiten der medizinischen Knorpelreparatur
In den vergangenen Jahrzehnten konnten sich aber chirurgische Eingriffe zur Knorpelreparatur etablieren. Das sog. Debridement ist ein gängiges Operationsverfahren, das darin besteht, verletztes Knorpelgewebe arthroskopisch zu entfernen. Mit dem minimal-invasiven Eingriff kann Knorpel geglättet, Verwachsungen gelöst oder entzündete Gelenkinnenhaut entfernt werden. Noch weiter versuchen die Mediziner mit sog. knorpelregenerativen Operationstechniken zu gehen. Ihr Ziel ist es, die Oberfläche des Gelenkknorpels mit Ersatzknorpelgewebe wiederher-zustellen.
Autologe Knorpelzelltransplantation (MACT)
Bei der Autologen Knorpelzelltransplantation (MACT) werden Knorpelzelldefekte in Gelenken durch körpereigenes Knorpelgewebe aufgefüllt. Zunächst arthroskopisch entnommene Knorpelzellen werden in einem zweiten Schritt nach der Anzüchtung im Labor wieder in den Gelenkde-fekt eingesetzt. Die Methode wird heute insbesondere bei Knorpelverletzungen am Kniegelenk eingesetzt und soll damit eine schmerzfreie Mobilität des Gelenks ermöglichen.
Mikrofrakturierung wird aktuell weiterentwickelt
Bei der Mikrofrakturierung werden kleine Löcher in die zerstörten Knorpelzonen gesetzt. Dadurch können Stammzellen aus dem Knochenmark austreten, die einen Ersatzknorpel ent-stehen lassen. In jüngster Zeit arbeiten die Mediziner der AGA an einer Neuheit innerhalb dieses Verfahrens, mit der die eintretenden Stammzellen mit Hilfe eines besonderen Gels besser als bisher am Knorpel stabilisiert werden können. Hier versprechen sich die Mediziner eine noch höhere Knorpelqualität.
Kritische Haltung gegenüber Medikamentengaben
Kritisch sieht die AGA nach neuesten Erkenntnissen hingegen das Einspritzen von Medikamenten in ein Gelenk. Beim Injizieren von Lokalanästhetika, Kortison sowie auch der viel verbreiteten Therapie mittels injizierter Hyaluronsäure können schwerwiegende Komplikationen auftreten. Hier empfehlen die Mediziner der AGA eine individuelle sehr kritische Nutzen-Risiko-Abwägung des Arztes zusammen mit dem Patienten.
ots