Fälle von Cybercrime nehmen am Opfer-Telefon zu

Geschrieben von .Redaktion.

weiserring logoWorum geht es?

  • Das Opfer-Telefon des WEISSEN RINGS verzeichnet eine deutliche Zunahme von sogenannten Romance-Scamming-Fällen: Liebesbetrug im Internet.
  • Die monatlichen Fallzahlen haben sich seit 2019 verzehnfacht
  • Insgesamt suchen immer mehr Menschen Hilfe beim Opfer-Telefon. 2022 haben die Telefonberaterinnen und -berater rund 20.900 Gespräche geführt. Die Zahl der Gespräche ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen und hat 2021 erstmal die Zahl 20.000 überstiegen.
  • Der WEISSE RING sucht deshalb dringend neue Telefonberaterinnen und -berater.
  • Bewerbungsschluss ist der 31. März 2023.

Alles beginnt mit einem Chat. Meist schreibt ein Mann einer Frau; er versucht, ihr Herz zu erobern. Über die Zeit gelingt es ihm. Nicht immer, aber immer öfter. Er schafft es, eine Vertrautheit entstehen zu lassen, die echter Liebe gleicht – und er überredet sie, eine Beziehung mit ihm einzugehen. Ohne dass sich die beiden je gesehen haben. Was hier zunächst einmal romantisch klingt, ist in Wirklichkeit eine fiese Betrugsmasche. Denn hat sich die Frau erstmal auf die Beziehung mit dem Fremden eingelassen, fordert der schnell das große Geld von ihr.

Zunahme von Romance Scamming

Bei dieser Masche handelt es sich um sogenanntes Romance Scamming, das den Beraterinnen und Beratern des WEISSEN RINGS am Opfer-Telefon immer öfter geschildert wird. „2019 verzeichneten wir durchschnittlich nur drei bis fünf Fälle im Monat. Seit 2020 beobachten wir, dass diese Fälle immer häufiger vorkommen. Im November 2022 haben wir mit fast 50 Fällen einen neuen Höchstwert erreicht“, sagt Nicola Cafaro, Koordinator beim Opfer-Telefon des WEISSEN RINGS in Mainz.

Die Zunahme der Fälle von Love Scamming stellt auch Matthias Wenig fest, ehrenamtlicher Berater am Opfer-Telefon. „Internetbetrügereien wie Romance Scamming nehmen immer mehr Platz ein“, erzählt Wenig aus der Praxis. „Die Geschichten, die mir die Opfer erzählen, ähneln sich dabei sehr. Den meisten Betroffenen fällt es schwer zu akzeptieren, dass die großen Gefühle auf der anderen Seite gar nicht existieren. Da braucht es manchmal deutliche Worte.“

Matthias Wenig (61) ist gelernter Speditionskaufmann und lebt in Düsseldorf. Seit 2012 arbeitet er ehrenamtlich am Opfer-Telefon und besucht seitdem regelmäßig Schulungen und Lehrgänge. „Ich habe große Freude daran, das Wissen, das ich erworben habe, anzuwenden und damit Menschen zu helfen“, sagt Wenig. „Die Arbeit beim WEISSEN RING gehört für mich mittlerweile zu meinem Alltag und hat in meinem Leben ihren festen Platz.“

 

Ehrenamt, das sinnstiftend ist

Auch für Sandra K. (36) aus Mainz ist die Arbeit am Opfer-Telefon ein wichtiger Bestandteil ihres Lebens geworden. „Mir war es bei der Suche nach dem richtigen Ehrenamt sehr wichtig, etwas zu tun, das sinnstiftend ist. Ich wollte nicht irgendetwas machen“, erklärt Sandra K. „Als ich vom Opfer-Telefon des WEISSEN RINGS erfahren habe, war ich tief beeindruckt und habe mich spontan beworben.“

Mittlerweile ist die Sachbearbeiterin seit vier Jahren Teil des Teams und übernimmt momentan alle zwei Wochen eine Schicht à drei Stunden. „Um das Ehrenamt mit Privatleben und Job vereinen zu können, ist gute Organisation nötig. Da ich kleine Kinder habe, geht es bei uns zu Hause oft ziemlich turbulent zu. Mir ist es aber wichtig, mich konzentriert und in ruhiger Umgebung den Anrufenden zu widmen. Meine Teilzeittätigkeit ermöglicht es mir, Dienste am Opfer-Telefon zu Zeiten zu übernehmen, in die Kinder in Schule und Kindergarten sind.“

Neben Internetkriminalität haben es Opfertelefon-Beraterinnen und ‑Berater häufig auch mit Delikten wie häuslicher Gewalt, Vergewaltigung und Stalking zu tun. „Es gibt Schilderungen von Anrufenden, die mich sehr berühren. Das kann der Fall sein, wenn man in der Erzählung Parallelen zum eigenen Leben erkennt, oder wenn es um Themen geht, die einen persönlich sehr stark triggern. Mir hilft es dann sehr, wenn ich am Ende des Gesprächs das Gefühl habe, der Person in irgendeiner Form geholfen zu haben“, sagt Sandra K. „Generell versuche ich, die Anrufe mit dem Ende meiner Schicht für mich abzuschließen.“

Neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesucht

2022 haben die Telefonberaterinnen und -berater rund 20.900 Gespräche geführt. „Die Zahl der Gespräche ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen und hat 2021 erstmal die Zahl 20.000 überstiegen. Daher suchen wir dringend Unterstützung“, sagt Koordinator Nicola Cafaro. Interessierte können sich ab sofort über dieses Formular im Internet bewerben: https://weisser-ring.de/node/25423

Rückfragen können schriftlich an die E-Mail-Adresse opfertelefon@weisser-ring.de geschickt werden. Bewerbungsschluss ist der 31. März 2023.

Für die Arbeit am Opfer-Telefon braucht es keinen bestimmten Beruf oder eine Ausbildung. Wichtige Eigenschaften sind psychische Stabilität und Entscheidungsfreude, Einfühlsamkeit sowie die Fähigkeit, gut zuzuhören und sich verständlich auszudrücken. Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden in einer Schulung professionell ausgebildet und auf ihre Aufgabe vorbereitet, im Anschluss finden regelmäßige Teamtreffen und Superversionen statt. Um an diesen Treffen teilnehmen zu können, müssen die Bewerberinnen und Bewerber aus der Nähe von Mainz oder Essen kommen (50 Kilometer Umkreis). Gearbeitet wird von zu Hause aus, ein eigener Computer mit Internetanschluss sowie IT-Grundkenntnisse sollten vorhanden sein.

Das Opfer-Telefon kann bundesweit und kostenlos in Anspruch genommen werden. Die aktuell knapp 80 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Opfer-Telefons sind unter der Rufnummer 116 006 täglich von 7 bis 22 Uhr erreichbar. Die Beraterinnen und Berater verstehen sich als Lotsen, die jedem Ratsuchenden die bestmögliche Hilfe für seine jeweilige Situation aufzeigen.