Steuerexpertin Waldau-Cheema zum Thema: Steuererklärung für Rentner

Geschrieben von Redaktion.

steuererklaerungGabriele Waldau-Cheema ist staatlichgeprüfte Betriebswirtin und Bilanzbuchhalterin. Sie leitet seit 15 Jahren Beratungsstellen des Aktuellen Lohnsteuerhilfevereins und arbeitet seit 30 Jahren für Steuerkanzleien. Jetzt ist ihr neuer Ratgeber "Steuererklärung für Rentner und Pensionäre 2018/2019" erschienen. Hier ein Interview geführt von der Verbraucherzentrale NRW.

Liebe Frau Waldau-Cheema, warum sollten Rentner diesen Ratgeber lesen?
Gabriele Waldau-Cheema: Der Ratgeber ist interessant für Rentner und Pensionäre - aber auch für solche, die es einmal werden wollen; grundsätzlich ist es für jeden wichtig, sich mit der Einkommensbesteuerung auseinanderzusetzen. Das Buch gibt einen Gesamt-Einblick in die deutsche Einkommensbesteuerung mit den 7 Einkunftsarten. Insbesondere wenn Ruheständler mehrere verschiedene Renten beziehen, ist es wichtig den Überblick zu haben. Noch wichtiger wird es, sich zu informieren, wenn weitere Einkünfte wie zum Beispiel Vermietung und Verpachtung vorhanden sind.
Wann ist denn der beste Zeitpunkt, sich mit dem Thema Rentenbesteuerung zu beschäftigen? Macht das Sinn, wenn es noch Jahre bis zur Rente sind?
Eigentlich ist es nie zu früh, an das Thema Absicherung im Alter zu denken. Gerade in jungen Jahren werden hierfür die Weichen gestellt. Dabei spielt auch die spätere Besteuerung der Renten eine bedeutende Rolle. Die Möglichkeiten sind vielfältig – eine gute Planung schützt vor bösen Überraschungen.
Warum werden denn immer mehr Rentner steuerpflichtig?
Mit Inkrafttreten des Alterseinkünftegesetzes werden seit 2005 u.a. auch die gesetzlichen Renten anteilig besteuert. Der steuerfreie Anteil der Renten wird jährlich abgeschmolzen bis schließlich in 2040 eine 100%ige Besteuerung der "Neurenten" erreicht ist. atsächlich wird nicht eine einzelne Rente besteuert, sondern die Summe aller Einkünfte. Darauf findet dann die Steuertabelle Anwendung. Eigentlich müsste man nicht von Besteuerung der Renten sondern vielmehr von Besteuerung der Rentner sprechen.
Sollten Rentner und noch berufstätige Ehegatten getrennte Steuererklärungen machen, um Steuern zu sparen?
Grundsätzlich wäre das zwar möglich, allerdings in den meisten Fällen nicht empfehlenswert. Gerade in der gemeinsamen Veranlagung und der Anwendung des Splittingtarifes liegt meist der Steuervorteil.
Müssen Rentner befürchten, nach der letzten Rentenerhöhung plötzlich steuerpflichtig zu werden?
In den letzten Jahren sind die Rentenerhöhungen mit unter 2% ja ehr mäßig ausgefallen. Gleichzeitig steigen anteilig auch die Abzüge für die Kranken- und Pflegeversicherung, die ja als Sonderausgaben steuerlich abzugsfähig sind. Wenn man dann noch bedenkt, dass auch der Grundfreibetrag von 8652,- € (in 2016) auf 9.168,- € in 2019 ansteigt, ist allein wegen der Erhöhungen mit dem Eintritt in die Steuerplicht NICHT zu rechnen.
Welche Rentner sollten denn nun eine Erklärung abgeben – und was können sie steuermindernd absetzen?
Alle "Neurentner" sollten im Jahr des Rentenbeginns eine Steuererklärung einreichen, denn nicht selten wartet sogar eine Steuererstattung auf sie. Freiwillig Steuererklärungen einzureichen lohnt sich mitunter auch, wenn von den Guthabenzinsen Kapitalertragssteuer einbehalten wurde, die sich der Sparer erstatten lassen kann. 
Je nach Einkunftsart ist das natürlich sehr unterschiedlich. Ganz allgemein kann ich sagen, dass im Bereich der Sonderausgaben und bei den außergewöhnlichen Belastungen ein hohes Sparpotential stecken kann. Ich denke dabei an Spenden, krankheitsbedingte Kosten wie Zuzahlungen, Brille, Hörgeräte, Zahnersatz aber auch Fahrten zu Ärzten, Therapeuten und Krankenhäusern.
Ihr Rat – welche Belege sollten gesammelt werden?
Um es mit dem Schriftsteller Otto Galo zu sagen: "Das Steuerrecht ist die Erziehung zur Kleinlichkeit". Wer tatsächlich jeden Zuzahlungsbeleg der Apotheke sammelt, jeden gefahrenen Kilometer zum Arzt, Optiker und Krankenhaus notiert, wird sich am Jahresende wundern, welche Beträge sich angesammelt haben. Häufige Kleinstspenden ergeben auf ein Jahr gesehen mitunter auch eine beachtliche Summe. Durch "bündeln" dieser Spenden und bargeldlose Zahlung haben Sie sofort auch einen Nachweis für die Steuererklärung.
Zum Schluss: Haben Sie noch einen besonderen Spar-Tipp?
Haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen sind seit einigen Jahren steuerbegünstigt. Anders als Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastungen werden diese anteilig mit 20 Prozent direkt von der zu zahlenden Steuer abgezogen. Hier kann also nur sparen, wer überhaupt Steuern zahlt. Eine weitere Voraussetzung ist, dass die Zahlung zwingend bargeldlos erfolgen muss. Gerade kleine Beträge werden häufig sofort bar beglichen – dann ist es aber vorbei mit der Steuererstattung. 
Wer seine Haushaltshilfe oder den Gärtner ordnungsgemäß bei der Minijobzentrale anmeldet, kann auch diese Kosten einschließlich der Sozialabgaben absetzen. Je nach Lohnhöhe ist die Steuererstattung sogar höher als die an die Minijobzentrale gezahlten Sozialabgaben. Die Anmeldung ist wirklich kinderleicht und ein gutes Gewissen ist neben der Steuerersparnis eine weitere Zugabe.

Steuern sparen leicht gemacht: Der Ratgeber stellt die sieben Einkunftsarten vor, die das deutsche Recht unterscheidet, erklärt die wichtigsten Fachbegriffe und hilft Ihnen mit leicht verständlichen Erläuterungen zu den Formularen bei der Steuererklärung. Sie lernen, mögliche Fallen zu erkennen, und erfahren, wie sie beispielsweise mit der Anmeldung einer Haushaltshilfe Steuern sparen können. Mithilfe des Berechnungsblattes im Buch können Sie direkt ihr persönliches zu versteuerndes Einkommen ermitteln. Plus: So funktioniert die elektronische Steuererklärung mit ELSTER-online. 224 Seiten | 16,5 x 22,0 cm | vierfarbig | Broschur | € 14,90 Versandkostenfrei im Verbraucherzentrale-Shop bestellbar